top of page

Über unsWeggefährten und Förderer Walter Ballhauses

Das Walter-Ballhause-Archiv ist das private Fotoarchiv seiner Nachfahren: Martina Ballhause, Witwe des verstorbenen Sohnes Rolf Ballhause, und der Enkelinnen Claudia und Cornelia. Aufgabe ist es, das Werk von Walter Ballhause in seinem Interesse als politisch engagierter Arbeiterfotograf, Künstler und Humanist zu bewahren und so der Wissenschaft und Öffentlichkeit zugänglich zu halten.

Otto Fuhrmann

"Also das ist Otto Fuhrmann aus Berlin […], der auf meine Entwicklungen ganz großen Einfluss ausgeübt hat. Er war etwa 3–4 Jahre älter als wir alle. […] Der hatte sich bei uns im Schwimmverein sehr verdient gemacht, indem er uns nicht nur beim Training herannahm – ganz gleich ob Mädchen oder Jungs – sondern er hat die ganze Schar um sich herumgruppiert, hat uns auf Wanderungen geführt, uns Geschichten erzählt und Geschichten vorgelesen. Er hat uns auch mit dem sozialistischen Gedankengut vertraut gemacht, hat uns etwas träumen lassen, was ja unbedingt wichtig ist für den jungen Menschen, damit er zum Denken angeregt ist. Er hat uns klar gemacht, dass man um eine bessere Gesellschaftsordnung kämpfen muss. [...] Er war ein ganz wunderbarer Mensch und hatte pädagogisch ein unerhörtes Talent. Er hat, um es ganz kurz zu sagen, die Jungens und Mädels nicht nur zum Lesen, sondern sogar zum Schreiben bewegt."[1]

Lina Lengefeld (Fotoarchiv: 22., Bild 22.12)

"Bei den Jungsozialisten lernte ich Lina Lengefeld kennen – 7 Jahre älter als ich. […] mit ihr war ich von 1928 bis Anfang 1934 zusammen. In dieser Zeit habe ich Gebrauch gemacht, ihre Bücher zu lesen. Unter den Büchern waren viele, die mich sehr interessierten. […] Und unter anderem dieses Buch von Erich Knauf "Empörung und Gestaltung" mit diesen wunderbaren klaren Aufsätzen über die verschiedenen Maler und Grafiker. Das habe ich 1929/30 gelesen. Dann kam dieser Wunsch: Zeichnen kannst du nicht mehr, malen auch nicht, studieren kannst du nicht als Arbeitsloser. Was machst du dann? Fotografieren kannst du, aber mit einer 9x12 Kamera kannst du nicht fotografieren wie du siehst und wie die progressiven Maler und Künstler gesehen haben. Kannst du es nochmal mit der Kamera versuchen? Ja, aber die Kamera. Das ging mir durch Kopf. Zu dem Zeitpunkt kam die Leica auf, die Ermanox und noch andere Kleinbildkameras. Da habe ich dann gesehen, dass mit abnehmender Brennweite die Schärfentiefe größer wird […]. Da habe ich mir gesagt, das wäre schon das richtige. Da habe ich meine Freundin bewogen, sie hatte ein verhältnismäßig gutes Einkommen, eine solche Kamera zu kaufen. Die Leica hat sie mir dann einschließlich Vergrößerungsapparat zur Verfügung gestellt."[1]

Otto Brenner (Fotoarchiv: 10., Bild 10.23)

"Otto Brenner war verheiratet, als ich ihn kennenlernte, einige Jahre älter, politisch reifer. Wir lernten uns bei den Jungsozialisten und der Gründung der "Sozialistischen Arbeiterpartei" kennen. Einige Sonntage in den Jahren 1931 und 1932 verbrachten wir gemeinsam auf Wanderungen, meistens diskutierend oder lesend. Typisch dafür ist das Bild im Buch "Überflüssige Menschen" auf Seite 224, wo Otto Brenner und Lina Lengefeld lesend sich sonnen. Jedoch waren viele Sonntage der Agitation und der Vorbereitung von Versammlungen vorbehalten. Die ganzen Jahre lieh ich mir von Otto Brenner Bücher und Broschüren aus, soweit sie nicht in der Bibliothek meiner Freundin vorhanden waren. Ich selber besaß kein einziges Buch. Otto war sehr belesen und unerhört bescheiden. Nach 1933 stellte er illegale Flugblätter her, wurde von der Gestapo geschnappt und erhielt mehrere Jahre Haftstrafe. Seinem Bruder Kurt Brenner erging es genauso."[1]

Henni Dohrmann (verh. Ballhause), (Fotoarchiv: 16., Bild 16.12.01)

"Meiner jetzigen Frau begegnete ich erstmalig Pfingsten 1932 im Schulungs- und Ferienlager an der Örtze bei Wolthausen […]. Im Herbst 1934 näherten wir uns, meine jetzige Frau und ich, und schlossen im August 1936 den Bund fürs Leben. Während meiner Haftzeit hat sie alles Leid mit mir getragen."[2]

Ohne Henni würde es die Fotos heute nicht mehr geben. Nachdem bei der Hausdurchsuchung 1944 ein unscheinbarer Karton mit den aufgerollten Filmen in der Speisekammer übersehen wurde, hatte sie die Negative wegen erwarteten Nachuntersuchungen sofort im Keller hinter der Kartoffelkiste angebracht. Zeitlebens hat sie ihren Mann tatkräftig unterstützt und später auf Vortragsreisen und zu Ausstellungen begleitet. Darüber hinaus hat sie umfangreiche Korrespondenz geführt.

Fritz Grahn

Die Fotografien, welche Walter Ballhause in den letzten Jahren der Weimarer Republik gemacht hatte, blieben bis zu seinem Renteneintritt 1971 ungenutzt. Erst bei der Organisation der Wanderausstellung des VVN (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes) unter dem Titel "Niedersachsen im Widerstandskampf" bat man Walter Ballhause um Fotomaterial. Dies war initiiert von Fritz Grahn (1904–1992), seinem Jugendfreund, der zu diesem Zeitpunkt im Heimrat des Freizeitheims Hannover-Linden und im VVN war. Er erinnerte sich an die sozial-dokumentarischen Fotos von Walter Ballhause und nahm Kontakt auf. Damit begann die Wiederentdeckung des Fotografen.

Egon Kuhn

Egon Kuhn (1927–2019) war ab 1965 Leiter des Freizeitheims Hannover-Linden. Henni und Walter Ballhause fühlten sich dem Freizeitheim sowohl freundschaftlich als auch politisch eng verbunden – viele Fotodokumente hat Walter Ballhause noch zu Lebzeiten dem Freizeitheim überreicht, mehrere Ausstellungen wurden organisiert. Als DDR-Bürger war es Walter Ballhause nicht möglich, die Verwendung seiner Bilder in der Bundesrepublik selbst zu regeln. Egon Kuhn übernahm die Rolle des Helfers. Bis zum Tod von Walter Ballhause bestand eine langjährige enge Freundschaft.

Prof. Dr. Peter Beicken

Peter Beicken, Professor für Germanistik an der Universität Maryland, verfasste eine Rezension zu dem 1981 in der BRD erschienenen Bildband "Zwischen Weimar und Hitler". Angetan von der Treffsicherheit in der Beschreibung seiner Fotografie, meldete sich Walter Ballhause beim Autor und eine langjährige Korrespondenz entstand. Peter Beicken organisierte schließlich zusammen mit Walter und Naomi Rosenblum die Ausstellungen in Maryland und New York. Während ihrer USA-Reise 1988 verbrachten Walter und Henni Ballhause jeweils eine Woche bei den Rosenblums und bei den Beickens.

Prof. Dr. Walter Rosenblum und Dr. Naomi Rosenblum

Walter Rosenblum (1919–2006), amerikanischer Fotograf und Professor für Fotografie am Brooklyn College, entdeckte Walter Ballhauses Bilder in der Ausstellung im Otto-Nagel-Haus in Berlin und befand, dass die Bilder das "größte Publikum verdienen, da sie die Textur des gesellschaftlichen Augenblicks mit größter Schärfe einfangen". Es folgten Ausstellungen in den USA sowie langjährige Briefwechsel. Rosenblums Ehefrau, die Fotohistorikerin Naomi Rosenblum und Autorin der Werkes „A World History of Photography“, bezog Ballhauses Bilder in ihre Publikationen ein.

Prof. Jörg Boström

Professor Jörg Boström lernte Walter Ballhause 1987 bei dessen Dia-Ton-Vortrag an der Fachhochschule in Bielefeld kennen, an welcher er im Bereich Intermedia/Fotografie lehrte. Der Professor ist selbst Maler und Fotograf und veröffentlichte über Walter Ballhause zahlreiche Beiträge, darunter auch für das Allgemeine Künstlerlexikon sowie den Nachruf. Zudem hat Prof. Boström bei etlichen Ausstellungen in der BRD "die Fäden in der Hand gehalten".

Martin Büttner

Martin Büttner stellte sich auf Empfehlung seines Professors Jörg Boström in Bielefeld (BRD) an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig (DDR) vor. Durch Prof. Helfried Strauß, welcher bereits an der Veröffentlichung des Buches „Überflüssige Menschen“ beteiligt war, lernte er Walter Ballhause in Plauen kennen. Martin Büttner bezeichnet Walter Ballhause als seinen väterlichen Freund und war von dessen trotz aller Rückschläge konsequent gelebten Haltung beeindruckt. Gemeinsame Ausstellungen folgten. Martin Büttner begleitete und porträtierte Walter Ballhause 1988 auch in New York und fungierte als Kurier über die deutsch-deutsche Grenze.

Dr. Ernst-Michael Stiegler

Dr. Ernst-Michael Stiegler stammt wie Walter Ballhause aus Hameln. Durch das Buch "Überflüssige Menschen" wurde Dr. Stiegler auf Walter Ballhause aufmerksam. Ein mehrjähriger Briefwechsel, bis zu Ballhauses Krankheit, entstand. Dr. Stiegler interviewte Walter Ballhause 1986 per Audiokassette über die deutsch-deutsche Grenze. Persönlich lernten sie sich 1987 in Bielefeld kennen.

Gerd Schnakenwinkel

Bereits 1991 begann die Zusammenarbeit mit Herrn Gerd Schnakenwinkel, Besitzer der Fotogalerie Gaff in Rothenburg. Das Anliegen des Inhabers bestand vor allem darin, unbekannte Fotografen auszustellen. So wurden mehrere Ausstellungen gestaltet. Herr Schnakenwinkel hat durch seine Arbeit dafür gesorgt, auch die Fotografien vor 1930 und nach 1945 der Öffentlichkeit vorzustellen, um einen umfassenden Eindruck vom Gesamtwerk des Fotografen und Menschen Walter Ballhause zu vermitteln.

1. Walter Ballhause im Interview mit Hannes Schmidt, auszugsweise veröffentlicht, in: Medium, 1985, 11/12, S. 80 ff.

2. Walter Ballhause 1987, in: Interview mit Ernst-Michael Stiegler, auszugsweise erschienen in: Niedersachsen 6/87, S. 296 ff.

1
2
bottom of page